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Funktionale- vs. Prozessorganisation
Große Unternehmen sind häufig in Geschäftsbereiche unterteilt. Der Grundidee folgend, dass die Geschäftsprozesse unmittelbar aus der Strategie abgleitet werden, muss die Aufbauorganisation auf die Geschäftsprozesse ausgerichtet und gestaltet werden, sodass eine hohe Effektivität und Effizienz der Geschäftsprozesse erreicht wird. D.h. die Abhängigkeit der Prozesse von der Aufbaustruktur wird umgekehrt, sodass die Aufbaustruktur des Unternehmens die Prozesse unterstützen muss. Demnach ist die Aufbauorganisation bei der Einführung eines GPM entsprechend mit Veränderungen dieser verbunden. Die Integration der Geschäftsprozesse in die Organisationsstruktur eines Unternehmens und die damit verbundene Konfiguration dieser an die Anforderung der Prozesse wird dabei als Prozessorganisation verstanden. Hierbei sind verschiedene Organisationsformen anhand ihres Integrationsgrades zu differenziert.
Reine funktionale Organisation
Bei der funktionalen Organisation koordinieren Leistungsstellen durch fachliche und disziplinarische Befugnisse spezialisierte Aufgabengebiete, wie Einkauf, Produktion oder Vertrieb. Eine abteilungsübergreifende Prozessverantwortung ist nicht vorhanden. Aufgrund der beibehaltenen funktionsorientierten Aufbauorganisation, gemäß dem Grundsatz „process follows structure“, bleibt das hierarchisch-funktionale Denken und Lenken erhalten und ist deshalb ungeeignet, das GPM effektiv und effizient zu gestalten, da keine optimalen Rahmenbedingungen für die Geschäftsprozesse geschaffen werden.
Reine Prozessorganisation
Bei der reinen Prozessorganisation erfolgt eine Drehung der ursprünglich funktional organisatorischen Ausrichtung um 90 Grad. Die funktionale Organisation wird durch eine prozessorientierte ersetzt. Dabei wird die formal beschriebene Hierarchie des Unternehmens nach den organisatorischen Prozessen gegliedert. Hierbei ist von einer Einlinienorganisation zu sprechen. Die Trennung von funktionaler und prozessualer Verantwortung wird aufgehoben. Diese Organisationsform zeichnet sich durch volle Integration und hohe Autonomie der Geschäftsprozesse aus. Die Organisationseinheiten bestehen aus den Geschäftsprozessen und ihren Teilprozessen, welche über eigene Ressourcen verfügen und diese selbständig disponieren. In der Praxis wird die Funktionsorientierung jedoch nicht vollständig aufgegeben, sodass dabei von einer Mischorganisation zu sprechen ist, bei der die Geschäftsprozesse Eigenständigkeit besitzen und stark dominieren.
Matrix-Prozessorganisation
Diese Mischorganisation wird als Matrix-Prozessorganisation bezeichnet. Hierbei werden funktionale Kompetenzen mit prozessorientierten Kompetenzen überlagert. Die Geschäftsprozesse werden als organisatorisches Element des Unternehmens betrachtet und in die Organisationsstruktur institutionalisiert. Das funktionale Denken wird dabei jedoch nicht komplett aufgehoben, sondern bleibt als gleichberechtigte Dimension neben den Prozessen vorhanden. Allerdings erhalten die Funktionen eine neue Ausrichtung. Demnach besteht zwischen den Prozessen und den Funktionen ein Kunden- Lieferanten-Verhältnis. Die Funktionen stellen dabei Leistungen bereit und präsentieren somit einen internen Kunden. Bei dieser Mehrlinienorganisation bleiben Spezialisierungsvorteile erhalten. Externe und interne Kunden werden in der Matrix- Prozessorganisation gleichbehandelt. Die Aufgaben- und Machtverteilung sollte asymmetrisch zugunsten der Geschäftsprozessverantwortlichen geregelt werden, um Machtkämpfe zwischen Abteilungsleitern und Prozessverantwortlichen zu vermeiden. Sie bestimmen den Ressourcen- bzw. Leistungsbedarf. Dies vermindert Konflikte und Koordinationskosten, wodurch die funktionsübergreifende Abstimmung erleichtert wird.
Die folgende Abbildung stellt die reine funktionale Organisation, Matrix-Prozessorganisation und die reine Prozessorganisation gegenüber und bewertet diese anhand der Fakroren: Durchlaufzeit, Prozesskosten, Prozessqualität, Produktqualität, Kundenzufriedenheit und Mitarbeiterzufriedenheit.
Die Aufrechterhaltung der rein funktionsorientierten Aufbauorganisation disqualifiziert sich jedoch aufgrund der fehlenden abteilungsübergreifenden Verantwortung für das GPM. Die reine Prozessorganisation ist eher als ein anzustrebender Zustand zu beschreiben. Eine gute Möglichkeit, um das Prozessdenken zu trainieren und Widerstände abzubauen, ist ein Nebeneinander von Funktions- und Prozessorganisation wie es bei der Einführung der Matrix-Prozessorganisation auftritt. Durch die stetige Verbesserung des GPM können dann funktionale Strukturen reduziert und prozessuale Strukturen gestärkt werden. Wichtig ist hierbei, dass die Funktionen als Dienstleister der Prozesse verstanden werden, um somit Konflikte zwischen Prozessverantwortlichen und Funktionsträgern zu vermeiden. Es ist zudem von hoher Bedeutung, dass die Geschäftsleitung diese Rollenverteilung klar kommuniziert.